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Urteil Verwaltungsgericht (SG - B 2010/182, B 2010/203)

Zusammenfassung des Urteils B 2010/182, B 2010/203: Verwaltungsgericht

Die Eheleute R. und B. K. haben Einspruch gegen die Veranlagung ihrer Steuern für das Jahr 2007 erhoben, da das kantonale Steueramt bestimmte Kinderabzüge nicht zugelassen hat. Die Verwaltungsrekurskommission hat teilweise zugunsten der Eheleute entschieden, da R.K. nachgewiesen hat, dass er für den Unterhalt seiner Kinder in Serbien aufkommt. Das kantonale Steueramt hat daraufhin Beschwerde erhoben, da keine ausreichenden Nachweise für die Unterhaltszahlungen erbracht wurden. Das Verwaltungsgericht hat entschieden, dass die Kinderabzüge nicht gerechtfertigt sind und die Entscheide der Vorinstanzen aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens tragen die Eheleute R. und B. K.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts B 2010/182, B 2010/203

Kanton:SG
Fallnummer:B 2010/182, B 2010/203
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Verwaltungsgericht
Verwaltungsgericht Entscheid B 2010/182, B 2010/203 vom 16.12.2010 (SG)
Datum:16.12.2010
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Urteil vom 16. Dezember 2010
Schlagwörter: Kinder; Beschwerde; Unterhalt; Beschwerdegegner; Recht; Bundessteuer; Serbien; Steueramt; Kinderabzug; Unterhalts; Vorinstanz; Sorge; Entscheid; Einsprache; Rekurs; Einspracheentscheid; Gemeindesteuer; Staats; Gemeindesteuern; Kinderabzüge; Entscheide; Hauptsache; Schweiz; Einkommen; Verwaltungsgericht; Urteil; Bestätigung
Rechtsnorm: Art. 140 DBG ;Art. 143 DBG ;Art. 144 DBG ;Art. 213 DBG ;Art. 35 DBG ;Art. 95 BGG ;
Referenz BGE:130 II 509; 135 II 260;
Kommentar:
Kaufmann, Richner, Frei, Hand zum DBG, Art. 213 DBG, 2009

Entscheid des Verwaltungsgerichts B 2010/182, B 2010/203

Anwesend: Präsident Prof. Dr. U. Cavelti; Verwaltungsrichter lic. iur. A. Linder,

Dr. B. Heer, lic. iur. A. Rufener, Dr. S. Bietenharder-Künzle; Gerichtsschreiber lic. iur.

Th. Vögeli

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In Sachen

Kantonales Steueramt,Davidstrasse 41, 9001 St. Gallen,

Beschwerdeführer,

gegen

Verwaltungsrekurskommission des Kantons St. Gallen,Abteilung I/1,

Unterstrasse 28, 9001 St. Gallen,

Vorinstanz,

und

R. und B. K., Beschwerdegegner, sowie

Eidgenössische Steuerverwaltung,Hauptabteilung Direkte Bundessteuer,

Eigerstrasse 65, 3003 Bern, Beschwerdebeteiligte betreffend

Staats- und Gemeindesteuern (Einkommen und Vermögen 2007) sowie direkte Bundessteuer (Einkommen 2007)

hat das Verwaltungsgericht festgestellt:

  1. ./ Die Eheleute R. und B. K. sind mit den gemeinsamen Kindern A. (geb. 2003) und L. (geb. 2005) in Goldach wohnhaft. Der Ehemann ist als Maschinist bei der X. AG in St. Gallen tätig, die Ehefrau arbeitet als Raumpflegerin bei der Y. AG in St. Gallen. R.K. ist Vater von vier weiteren Kindern, die aus einer am 2. April 2001 geschiedenen Ehe stammen und in Serbien leben. R. und B. K. deklarierten für die Staats- und Gemeindesteuern 2007 ein steuerbares Einkommen von Fr. 39'268.--. Die Veranlagungsbehörde nahm verschiedene Korrekturen vor; namentlich liess sie die für drei der vier in Serbien lebenden Kinder geltend gemachten Kinderabzüge nicht zum Abzug zu. Die gegen diese Veranlagung erhobenen Einsprachen vom 4. August 2008 wies das kantonale Steueramt mit Entscheiden vom 23. Juli 2009 ab und legte das steuerbare Einkommen für die direkte Bundessteuer 2007 auf Fr. 50'400.-- fest. Für die Staats- und Gemeindesteuern 2007 wurde das steuerbare Einkommen auf Fr. 59'600.-- und das steuerbare Vermögen auf Fr. 0.-- festgelegt.

  2. ./ Gegen die Einspracheentscheide des kantonalen Steueramts erhoben R. und B.K. mit Eingabe vom 30. Juli 2009 Rekurs und Beschwerde mit dem Antrag, die geltend gemachten Abzüge für die drei in Serbien lebenden Kinder seien zu gewähren.

    Die Verwaltungsrekurskommission hiess den Rekurs und die Beschwerde mit separaten Entscheiden vom 29. Juni 2010 teilweise gut, hob die Einspracheentscheide des kantonalen Steueramts vom 23. Juli 2009 auf und veranlagte die Eheleute R. und

    B.K. mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 38'200.- für die direkte Bundessteuer 2007 und von Fr. 46'000.-- für die Staats- und Gemeindesteuern 2007. Sie erwog im wesentlichen, R.K. habe mit dem Urteil des Amtsgerichts Krusevac (Republik Serbien) vom 24. Juli 2002, mit welchem ihm die elterliche Sorge für die vier Kinder übertragen worden sei, in rechtsgenüglicher Weise nachgewiesen, dass er für den Unterhalt der Kinder aufzukommen habe. Die Mutter der Kinder sei nicht zu Unterhaltszahlungen verpflichtet worden und es könne den Akten nicht entnommen werden, dass die staatliche Fürsorge für die Kinder sorge. Es sei daher nicht ersichtlich, wer ausser R.K. für die in Serbien lebenden Kinder aufgekommen sein solle, weshalb auch ohne strikten Zahlungsnachweis kein Zweifel bestehe, dass der Steuerpflichtige im Jahre 2007 für die drei Kinder finanziell gesorgt habe. Zudem seien seine Erklärungen bezüglich der Leistung der Unterhaltszahlungen über Buschauffeure und Bekannte glaubhaft, da sie der für den Balkanraum bekannten Usanz entsprächen. Für die beiden im Jahre 2007 noch minderjährigen Kinder Marija und Milos seien folglich die Kinderabzüge von Fr. 6'100.-- bzw. Fr. 6'800.-- zu gewähren. Es sei R.K. allerdings zuzumuten, für die folgenden Steuerjahre Bestätigungen derjenigen Personen, denen er das Geld zur Überbringung nach Serbien anvertraut habe, über die Höhe der Barmittel beizubringen. In bezug auf die im Jahre 2007 bereits volljährige Tochter Marina hielt die Verwaltungsrekurskommission fest, dass die eingereichte Bestätigung lediglich zeige, dass diese im Schuljahr 2006/2007 in der 4. Klasse der Ausbildung zur Konfektionstechnikerin gewesen sei, jedoch keinen Beweis dafür liefere, dass sich die volljährige Tochter Ende 2007 immer noch in Ausbildung befunden habe, weshalb der Kinderabzug für Marina nicht gewährt werden könne.

  3. ./ Mit separaten Eingaben vom 5. und 30. August 2010 erhob das kantonale Steueramt Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, die Entscheide der Verwaltungsrekurskommission vom 29. Juni 2010 seien aufzuheben und die Einspracheentscheide vom 23. Juli 2009 seien zu bestätigen, unter Kostenfolgen. Zur Begründung wird im wesentlichen vorgebracht, dass der Steuerpflichtige für die Geltendmachung des Kinderabzugs zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes aufkommen (Staats- und Gemeindesteuern) bzw. mindestens Kosten im Umfang des

Kinderabzuges tragen müsse (direkte Bundessteuer). Da es sich dabei um steuermindernde Tatsachen handle, trage nach der allgemeinen Regel der Steuerpflichtige die Beweislast für deren Vorhandensein, wobei die Steuerbehörden im internationalen Verhältnis besonders hohe Anforderungen an den Nachweis der geltend gemachten Unterhalts- und Unterstützungsleistungen stellen dürften. R. und B.K. hätten jedoch - obwohl sie im Einspracheentscheid zum Steuerjahr 2006 ausdrücklich darauf hingewiesen worden seien, dass sie künftig nebst den Ausbildungsbescheinigungen auch Zahlungsbelege für die Unterstützungsleistungen einzureichen hätten - keine diesbezüglichen Nachweise erbracht. Es sei nicht Sache des kantonalen Steueramtes, zu beweisen, wer für den Unterhalt der Kinder aufgekommen sei; namentlich spiele es keine Rolle, ob die Mutter tatsächlich so krank sei, dass sie keinen finanziellen Beitrag an die Kinder leisten könne, ob die Kinder von der Fürsorge leben von Verwandten unterstützt würden. Ferner bringt das kantonale Steueramt vor, dass die Auffassung der Vorinstanz, wonach die Erklärungen der Steuerpflichtigen bezüglich der Leistung der Unterhaltszahlungen über Buschauffeure und Bekannte auch ohne strikten Zahlungsnachweis glaubhaft seien, da sie der für den Balkanraum bekannten Usanz entsprächen, dem Missbrauch bei steuerlichen Abzügen Tür und Tor öffnen würde. In bezug auf das Urteil des Amtsgerichts Krusevac vom 24. Juli 2002 hält das kantonale Steueramt fest, es sei unverständlich, weshalb damit der Unterhalt der Kinder ohne weiteres nachgewiesen sei, zumal R.K. seit 1996 Wohnsitz in der Schweiz habe und damit die Betreuung, Pflege und Erziehung seiner in Serbien lebenden Kinder nicht wahrgenommen haben könne. Sodann erschienen die weiteren ins Recht gelegten Bestätigungen insgesamt als wenig aussagekräftig bzw. glaubwürdig.

Die Vorinstanz beantragte in ihren Vernehmlassungen vom 3. September 2010 unter Verweis auf die Erwägungen des angefochtenen Entscheids die Abweisung der Beschwerden.

  1. und B.K. beantragten mit separaten Eingaben vom 9. September 2010 die Abweisung der Beschwerden bzw. den Schutz der angefochtenen Entscheide.

    Die Eidg. Steuerverwaltung liess sich nicht vernehmen.

    Auf die weiteren Vorbringen der Verfahrensbeteiligten wird, soweit wesentlich, in den nachstehenden Erwägungen eingegangen.

    Darüber wird in Erwägung gezogen:

    1. Die sachliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts ist gegeben (Art. 59 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege, sGS 951.1, abgekürzt VRP; Art. 196

Abs. 1 des Steuergesetzes, sGS 811.1, abgekürzt StG; Art. 1 Abs. 3 und Art. 7 Abs. 2 der Verordnung zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, sGS 815.1;

Art. 145 des Gesetzes über die direkte Bundessteuer, SR 642.11, abgekürzt DBG). Das kantonale Steueramt ist zur Beschwerde legitimiert, und seine Eingaben vom 5. und

30. August 2010 entsprechen zeitlich, formal und inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen (Art. 196 Abs. 1 StG und Art. 161 StG in Verbindung mit Art. 64 Abs. 1 und Art. 48 Abs. 1 VRP; Art. 145 in Verbindung mit Art. 140 Abs. 1 und 2 DBG). Auf die Beschwerden ist einzutreten.

Angefochten sind der Rekursentscheid betr. Staats- und Gemeindesteuern sowie der Beschwerdeentscheid betr. direkte Bundessteuer. Nach der bisherigen Praxis waren in solchen Fällen zwei separate Urteile zu fällen, die zwar in einem einzigen Akt ergehen konnten, aber separate Begründungen und Dispositive für die kantonalen Steuern und die direkte Bundessteuer aufweisen mussten (U. Cavelti, in: Zweifel/Athanas, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2b, 2. Aufl., Basel 2008, N 10b zu Art. 143 DBG mit Hinweis auf BGE 130 II 509 E. 8). Dieser Grundsatz wurde in der neuesten Rechtsprechung relativiert, da die Befugnisse des Bundesgerichts auf dem Gebiet der direkten Bundessteuer mit jenen übereinstimmen, die es in Bezug auf die in Art. 73 Abs. 1 des Steuerharmonisierungsgesetzes (SR 642.14, abgekürzt StHG) aufgeführten Bereiche der Kantons- und Gemeindesteuern hat. Es ist nunmehr zulässig, dass ein einziger Entscheid ergeht und sogar im Dispositiv nicht mehr zwischen kantonalen Steuern und der Bundessteuer unterschieden wird, solange sich der Begründung klar entnehmen lässt, dass das Urteil sämtliche Steuern umfasst. Gegen solche Entscheide kann künftig mit einer einzigen Eingabe Beschwerde beim Bundesgericht erhoben werden (BGE 135 II 260, Kommentierung in ZBJV 2010, S. 475 f.).

Die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Kinderabzügen sind nach dem kantonalen Recht und nach dem Recht der direkten Bundessteuer unterschiedlich. Während das kantonale Recht für die Zulässigkeit der Kinderabzüge verlangt, dass der Steuerpflichtige für den Unterhalt zur Hauptsache aufkommt und keinen Abzug nach Art. 45 Abs. 1 lit. c StG beansprucht (Art. 48 Abs. 1 lit. a StG), genügt es nach dem Recht der direkten Bundessteuer, wenn der Steuerpflichtige für den Unterhalt des Kindes sorgt (Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG), wobei es gemäss Praxis ausreicht, wenn der Steuerpflichtige mindestens Kosten im Umfang des geltend gemachten Kinderabzuges trägt (vgl. Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Handkommentar zum DBG, 2. Aufl., Zürich 2009, Rz. 27 zu Art. 213 DBG; BGE 2A.536/2001 vom 29. Mai 2002, E.3.2.1.). Diese

unterschiedliche Behandlung würde es an sich rechtfertigen, zwei separate Entscheide zu fällen. Vorliegend geht es indes um die Frage, ob die Leistung der Unterhaltsbeiträge der Beschwerdegegner rechtsgenüglich nachgewiesen ist, was nach kantonalem Recht und nach dem Recht der direkten Bundessteuern nach denselben Kriterien zu beurteilen ist. Daher können die Beschwerden gegen die beiden vorinstanzlichen Entscheide im selben Urteil behandelt werden.

  1. Streitig ist in den Beschwerdeverfahren einzig die Zulässigkeit der geltend gemachten Kinderabzüge, namentlich der rechtsgenügliche Nachweis der von den Beschwerdegegnern für die in Serbien lebenden Kinder Marija und Milos beanspruchten Unterhaltsbeiträge. Der von den Beschwerdegegnern im Einsprache- und Rekursverfahren ebenfalls geltend gemachte Kinderabzug für die Tochter Marina ist hingegen nicht mehr Streitgegenstand.

    1. Gemäss Art. 48 Abs. 1 lit. a Ziff. 2 StG, in der für das vorliegend relevante Jahr 2007 geltenden Fassung, kann der Steuerpflichtige für jedes unter seiner elterlichen Sorge Obhut stehende Kind, für dessen Unterhalt er zur Hauptsache aufkommt und soweit er keinen Abzug nach Art. 45 Abs. 1 lit. c StG beansprucht, einen Kinderabzug von Fr. 6'800.-- geltend machen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes wird somit vorausgesetzt, dass der Steuerpflichtige "zur Hauptsache" für den Unterhalt aufkommt. Dies muss indes nicht notwendigerweise mehr als 50% sein. Wenn der Pflichtige 40% des Unterhalts übernimmt und die restlichen 60% je zur Hälfte von Alimentenzahlungen und von eigenem Erwerbseinkommen des Kindes bestritten werden, liesse sich die Annahme rechtfertigen, der Pflichtige komme zur Hauptsache

      für den Unterhalt auf (VerwGE B 2007/14 vom 9. Mai 2007, E. 2.4., in: www.gerichte.sg.ch; a.M. StB 48 Nr. 1, Ziff. 2.1). Gemäss der entsprechenden Bestimmung im Bereich der direkten Bundessteuer können vom Einkommen für jedes minderjährige in der beruflichen Ausbildung stehende Kind, für dessen Unterhalt der Steuerpflichtige sorgt, Fr. 6'100.-- abgezogen werden (Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG). Anders als im kantonalen Recht verlangt Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG nicht, dass der Steuerpflichtige zur Hauptsache für den Unterhalt des Kindes aufkommt, jedoch muss der Steuerpflichtige, um den Kinderabzug geltend machen zu können, für das Kind tatsächlich sorgen (I.P. Baumgartner, in: Zweifel/Athanas, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Bd. I/2a, 2. Aufl. Basel 2008, Rz. 12 zu Art. 35 DBG). Wie ausgeführt, verlangt die Praxis diesbezüglich, dass der Steuerpflichtige mindestens Kosten im Umfang des Kinderabzugs trägt (vgl. oben E. 1.).

    2. Nicht erforderlich ist, dass der den Kinderabzug beanspruchende Steuerpflichtige das elterliche Sorgerecht im Sinne von Art. 296 ff. des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (SR 210) ausübt, da das Steuerrecht, soweit es von "sorgen" spricht, nicht die elterliche Sorge im Rechtssinne meint, sondern das Sorgen für das leibliche Wohl. Trotzdem ist die elterliche Sorge nicht völlig bedeutungslos. Aus Praktikabilitätsgründen darf nämlich davon ausgegangen werden, dass der Inhaber des elterlichen Sorgerechts, der mit den Kindern zusammenlebt, gleichzeitig auch die Kosten des Kinderunterhalts trägt und ihm somit der Kinderabzug zusteht (Richner/ Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., Rz. 29 f. zu Art. 213 DBG mit weiteren Hinweisen; Baumgartner, a.a.O., Rz. 20 zu Art. 213 DBG).

      R.K. wurde mit Urteil des Amtsgerichts Krusevac vom 24. Juli 2002 das elterliche Sorgerecht für die vier Kinder übertragen. Nach dem Gesagten dürfte deshalb grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass er auch die Kosten des Kinderunterhalts trägt und ihm somit der Kinderabzug zusteht. Der vorliegende Fall verhält sich jedoch insoweit besonders, als die vier Kinder in Serbien leben und gemäss den Angaben der Beschwerdegegner beim Vater von R.K. untergebracht sind, während die Mutter der Kinder zu keinerlei Unterhaltsleistungen verpflichtet worden ist. Trotz der gerichtlichen Zuteilung der elterlichen Sorge kann somit entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht unbesehen davon ausgegangen werden, dass damit in rechtsgenüglicher Weise nachgewiesen ist, dass R.K. für den Unterhalt seiner Kinder

      aufkommt. Die Vorinstanz verkennt, dass sich ein unbesehenes Abstellen auf die elterliche Sorge einzig dann rechtfertigt, wenn der Inhaber derselben auch tatsächlich mit den Kindern zusammenlebt. Ist dies nicht der Fall, muss anhand der konkret geleisteten (Geld-) Beiträge ermittelt werden, ob der betreffende Elternteil zur Hauptsache für den Unterhalt der Kinder aufkommt bzw. tatsächlich für diese sorgt. Die Vorinstanz erwog in diesem Zusammenhang, es bestehe auch ohne strikten Zahlungsnachweis kein Zweifel daran, dass R.K. im Jahre 2007 für seine in Serbien lebenden Kinder finanziell gesorgt habe, zumal nicht ersichtlich sei, wer ausser ihm dies getan haben soll. Dieser Auffassung kann sich das Verwaltungsgericht nicht anschliessen. Selbst wenn davon ausgegangen würde, dass die Beschwerdegegner finanzielle Leistungen für die in Serbien lebenden Kinder erbracht haben, wäre diese Tatsache für sich noch nicht ausreichend für die Geltendmachung der Kinderabzüge. Diese erfordert nämlich nicht nur, dass der Steuerpflichtige seine Kinder finanziell unterstützt bzw. Unterhaltsleistungen erbringt, sondern er muss dies – nach kantonalem Recht – auch zur Hauptsache tun, bzw. – nach dem Recht der direkten Bundessteuer – mindestens im Umfang des geltend gemachten Kinderabzugs. Alleine aufgrund des Urteils vom 24. Juli 2002 über die Zuteilung der elterlichen Sorge und angesichts dessen, dass aufgrund der Akten nicht ersichtlich ist, wer ausser R.K. für die Kinder sorgen könnte, sind jedoch noch keine die Geltendmachung des Kinderabzugs rechtfertigenden Unterhaltsleistungen hinreichend dargetan. Bei Personen, die in der Schweiz ansässig sind und Kinder aus erster Ehe in Staaten des ehemaligen Jugoslawien haben, wird häufig ein Gerichtsurteil über den Wechsel der elterlichen Sorge erwirkt, um den Familiennachzug der Kinder in die Schweiz zu ermöglichen. Im Streitfall steht hingegen fest, dass die Kinder in Serbien leben. Nach Darstellung des Beschwerdegegners leben sie bei dessen Vater.

    3. Weiter bringt das kantonale Steueramt zu Recht vor, dass es nicht Sache der Veranlagungsbehörde ist, danach zu forschen, wer für den Unterhalt der Kinder tatsächlich aufkommt. Ebensowenig muss die Veranlagungsbehörde mangels anderweitiger Feststellungen bezüglich allfälliger Unterhaltsleistungen der geschiedenen Ehefrau Dritter die geltend gemachten Kinderabzüge der Beschwerdegegner ohne jeglichen Nachweis zum Abzug zulassen. Nachdem es sich beim Unterhaltsbeitrag um eine steuermindernde Tatsache handelt, obliegt, ausgehend vom Grundsatz, dass die Steuerbehörde die Beweislast für die steuerbegründenden

      Tatsachen trägt, während den Steuerpflichtigen die Beweislast für Tatsachen trifft, welche die Steuerschuld aufheben mindern (Weidmann/Grossmann/Zigerlig, Wegweiser durch das st. gallische Steuerrecht, 6. Aufl., Muri-Bern 1999, S. 379 f., mit weiteren Hinweisen), der hinreichende Nachweis der geleisteten Unterhaltsbeiträge dem Steuerpflichtigen. Zum Beweismass ist festzuhalten, dass im internationalen Verhältnis an den Nachweis der von den Steuerpflichtigen geltend gemachten Unterhaltszahlungen strenge Anforderungen gestellt werden können, da diese nicht einfach nachzuprüfen sind. Leistungen für Kinder im Ausland sind in der Regel durch Post- Bankbelege zu dokumentieren. Bei fehlenden Post- Bankbelegen ist es dem Steuerpflichtigen gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung zumutbar, zumindest eine schriftliche Bestätigung (Quittung) des Empfängers beizubringen und in geeigneter Form (beispielsweise über behördliche Bestätigungen) nachzuweisen, dass der Empfänger den Unterstützungsbetrag aus der Schweiz erhalten hat. Blosse Zollbelege über die Einfuhr des Geldes ins Ausland genügen nicht (VerwGE B 2009/203 vom 11. Mai 2010, E. 2.5 mit weiteren Hinweisen, in: www.gerichte.sg.ch; BGE 2A. 609/2003 vom 27. Oktober 2004, E. 2.4; R. Blöchliger, Das Verhältnis vom Kinderabzug zum Unterstützungsabzug, ST 2009, 154-168, S. 168).

      Einen solchen Nachweis haben die Beschwerdegegner nicht beigebracht, obwohl sie vom kantonalen Steueramt im Einspracheentscheid vom 16. August 2007 zur Staats- und Gemeindesteuer 2006 ausdrücklich darauf hingewiesen worden waren, dass in Zukunft die Kinderabzüge nur noch bei Vorlage von entsprechenden Zahlungsbelegen zugelassen würden. Ungeachtet dieses Hinweises haben es die Beschwerdegegner unterlassen, irgendeinen Nachweis bezüglich der geleisteten Zahlungen zu erbringen. Soweit sie das Geld entsprechend der nach den Feststellungen der Vorinstanz für den Balkanraum üblichen Usanz Bekannten und Buschauffeuren, welche nach Serbien reisten, mitgegeben haben wollen und aus diesem Grund keine Post-, Bank- anderen Transaktionsbelege vorweisen können, wären es ihnen immerhin zuzumuten gewesen, die betreffenden Personen wenigstens namentlich zu nennen und allenfalls eine Bestätigung derselben beizubringen, dass sie das Geld den in Serbien lebenden Kindern von R.K. bzw. dessen Vater überbracht haben. Unverständlich ist, wie die Vorinstanz trotz der bereits im Einspracheentscheid betreffend Staats- und Gemeindesteuern 2006 erfolgten und mit Schreiben vom 14. August 2008 wiederholten Aufforderung des kantonalen Steueramts zur Einreichung von entsprechenden Belegen

      den Rekurs gutheissen, gleichzeitig aber ebenfalls inskünftig die Beibringung von Bestätigungen von Personen über die Höhe der ihnen für die Überbringung nach Serbien übergebenen Barmittel für die folgenden Steuerjahre fordern konnte. Die Beschwerdegegner waren sich spätestens mit der Eröffnung des erwähnten Einspracheentscheids vom 16. August 2007 bewusst, dass ihnen die Abzüge nur noch bei genügendem Nachweis der geleisteten Zahlungen gewährt werden können, und es wäre ihnen daher möglich gewesen, entsprechende Vorkehrungen zu treffen.

    4. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen gelangt das Verwaltungsgericht zum Schluss, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte vorliegen, wonach der Beschwerdegegner Leistungen für seine in Serbien lebenden Kinder erbracht hat. Daher hat die Vorinstanz die entsprechenden Abzüge zu Unrecht gewährt. Folglich sind die Beschwerden gutzuheissen. Der Rekursentscheid vom 29. Juni 2010 und der Beschwerdeentscheid vom 29. Juni 2010 sind aufzuheben und die Einspracheentscheide des Kantonalen Steueramts vom 23. Juli 2009 zu bestätigen.

  2. Dem Verfahrensausgang entsprechend gehen die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zulasten der Beschwerdegegner (Art. 95 Abs. 1 VRP; Art. 145 in Verbindung mit Art. 144 DBG). Eine Entscheidgebühr von Fr. 2'000.-- ist angemessen (Art. 145 in Verbindung mit Art. 144 Abs. 5 DBG; Art. 13 Ziff. 622 Gerichtskostentarif, sGS 941.12). Die Beschwerdegegner haften solidarisch für den gesamten Betrag. Die Gebühr ist bei R.K. zu erheben.

Ausseramtliche Kosten sind nicht zu entschädigen. Die Beschwerdegegner sind unterlegen (Art. 98bis VRP), und der Beschwerdeführer hat keinen Anspruch auf Kostenersatz (vgl. R. Hirt, Die Regelung der Kosten nach st. gallischem Verwaltungsrechtspflegegesetz, Diss. St. Gallen 2004, S. 176).

Die amtlichen Kosten des vorinstanzlichen Rekursentscheids von Fr. 900.-- und des Beschwerdeentscheids von Fr. 750.-- sind ebenfalls vollumfänglich den Beschwerdegegnern aufzuerlegen (Art. 95 Abs. 1 VRP; Art. 144 DBG).

Demnach hat das Verwaltungsgericht

zu Recht erkannt:

  1. ./ Die Beschwerde wird gutgeheissen, und der Rekursentscheid sowie der

    Beschwerdeentscheid der Vorinstanz vom 29. Juni 2010 werden aufgehoben.

  2. ./ Die Einspracheentscheide des Kantonalen Steueramts vom 23. Juli 2009 werden

    bestätigt.

  3. ./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens vor Verwaltungsgericht von

    Fr. 2'000.-- werden den Beschwerdegegnern auferlegt, unter solidarischer Haftbarkeit

    für den gesamten Betrag. Die Gebühr wird bei R.K. erhoben.

  4. ./ Die amtlichen Kosten des Rekursverfahrens vor der Vorinstanz von Fr. 900.--

    werden den Beschwerdegegnern auferlegt.

  5. ./ Die amtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens vor der Vorinstanz von Fr. 750.--

    werden den Beschwerdegegnern auferlegt.

  6. ./ Ausseramtliche Kosten werden nicht entschädigt.

V. R. W.

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Versand dieses Entscheides an:

  • den Beschwerdeführer

  • die Vorinstanz

  • die Beschwerdegegner

  • die Beschwerdebeteiligte

am: Rechtsmittelbelehrung:

Sofern eine Rechtsverletzung nach Art. 95 ff. BGG geltend gemacht wird, kann gegen diesen Entscheid gestützt auf Art. 82 lit. a BGG in Verbindung mit Art. 73 StHG innert 30 Tagen nach Eröffnung beim Schweizerischen Bundesgericht, 1000 Lausanne 14, Beschwerde erhoben werden.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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